Textauszüge

Immunsystem

Basophile Granulozyten sind noch seltener anzutreffen. Ihr Anteil beträgt nur 0,01 Prozent aller Leukozyten. Sie lassen sich mit basischen Farbstoffen färben. Auch sie sind gegen Parasiten und bei Allergien im Einsatz. Sie besitzen Speicher für Histamin und Heparin. Beide Substanzen werden bei Bedarf freigesetzt. Über diese Zellen ist bisher noch am wenigsten bekannt.

Monozyten

Monozyten gehören zu den größten Leukozyten. Ihr Anteil beträgt drei bis acht Prozent. Sie haben einen großen Zellkern und kommen aus dem Knochenmark. Ihr wichtigster Speicherort ist die Milz. Sie leben maximal drei Tage. Oft wandern sie aus der Blutbahn ins Gewebe und werden zu großen Fresszellen (Makrophagen). Im Gewebe werden sie viel älter, nämlich bis zu mehreren Monaten. Dabei können sie bis zu 100 Bakterien fressen. Außerdem können sie Teile des Fremdmaterials an ihre Oberfläche transportieren und anderen Abwehrzellen präsentieren. Gleichzeitig werden verschiedene Zytokine gebildet und freigesetzt.

Dendritische Zellen haben bäumchenartige Fortsätze an ihrer Oberfläche und bekommen dadurch ein sternförmiges Aussehen. Sie stammen von Monozyten ab. Ihre besondere Fähigkeit ist die, dass sie besonders gut T-Zellen aktivieren können, nachdem sie große Mengen von Viren und Bakterien gefressen haben.

Was gibt es sonst noch für Zellen? Zum Beispiel Mastzellen. Sie spielen bei Allergien eine besondere Rolle. Sie enthalten große Mengen an Histamin. Diese Substanz wirkt gefäßerweiternd, sodass es auch zu Flüssigkeitseinlagerungen kommt.

Stoffe des Immunsystems (Zellprodukte, Zytokine)

An erster Stelle stehen die Zytokine, Synonyme dafür sind Lymphokine oder Interleukine. Es sind kleine Eiweißmoleküle, die von verschiedenen Körperzellen freigesetzt werden. Sie lösen bestimmte Reaktionen im Immunsystem aus. Zu ihnen gehören auch die Interferone, die besonders auf Viren wirken. Die Zytokine werden später ausführlich besprochen. Chemokine sind eine Untergruppe der Zytokine. Sie mobilisieren Abwehrzellen und bringen diese zu Infektionsherden.

Mechanismen des Immunsystems

Es gibt zwei grose Bereiche in unserem Immunsystem, das

• angeborene oder unspezifische Immunsystem, das uns sofort nach
der Geburt zu Verfügung steht und das
• erworbene oder spezifische Immunsystem, das aufgrund des immunologischen Gedächtnisses Erreger erkennen und abtöten kann.

Eine weitere Gliederung entsteht dadurch, ob Erreger durch Zellen
(zellulare Immunität) oder durch Antikörper (humorale Immunität) bekämpft
werden.

Hier eine Zusammenfassung der wesentlichen Unterschiede zwischen
angeborenem und erworbenem Immunsystem:


Angeborene Immunität

Der menschliche Körper ist ständig gefährlichen Mikroorganismen ausgesetzt. Der Organismus muss alles tun, damit gefährliche Keime nicht in den Körper eindringen können. Die Epithelien auf der Körperoberfläche bilden die erste Barriere gegen Infektionen. Es ist eine Art Versiegelung auf rein mechanische Art, die das verhindert. Nur wenn Krankheitserreger diese Barriere überwinden können, kommt es zur Infektion. Dann muss das Immunsystem rasch reagieren. Auch die Schleimhäute sind durch ihren Schleim geschützt. Flimmerepithelien in den Atemwegen und die Darmperistaltik unterstützen das Abwehrsystem.

Aber es werden auch chemische Substanzen auf den Epithelien gebildet. Diese können Mikroorganismen abtöten oder ihr Wachstum hemmen. Eine dieser Substanzen ist Lysozym, ein antibakterieller Stoff im Speichel und in der Tränenflüssigkeit. Außerdem erschwert die nicht pathogene (natürliche) Bakterienflora die Ansiedelung pathogener Organismen.

Die wichtigsten Zellen der angeborenen Immunabwehr sind Monozyten, neutrophile Granulozyten, im späteren Verlauf auch die natürlichen Killerzellen. Dazu kommen die Zytokine und das Komplementsystem.

Wie sieht der Ablauf der angeborenen Immunabwehr aus?

Gelingt es Keimen die Epithelbarriere zu überwinden, in den Körper einzudringen und sich dort auch zu vermehren, dann beginnen das zelluläre und antikörpergesteuerte Immunsystem mit ihren Abwehraufgaben. Als Erstes reagieren die großen Fresszellen, besonders die Makrophagen. Hinzu kommen die kleinen Fresszellen, die neutrophilen Granulozyten. Beide erkennen Rezeptoren an der Oberfläche fremder Zellen und sind bereits in der Lage, zu erkennen, was körperfremd ist. Ihre Aufgabe ist es, Stoffe freizusetzen, die eine Entzündung herbeiführen. Die Fresszellen umhüllen mit ihrer Membran den Keim und nehmen ihn auf, es findet eine Art „Verdauung“ statt. Die fremden Strukturen werden abgebaut. Gleichzeitig werden toxische Produkte freigesetzt wie Wasserstoffperoxid, Superoxid und Stickstoffmonoxid (NO) und es kommt zu einer Entzündungsreaktion. TNFa spielt dabei eine grose Rolle. Die Entzündungsreaktion zielt darauf ab, die Infektion zu bekämpfen. Dabei spielen drei Faktoren eine Rolle:

• Die Entzündung lockt weitere Abwehrzellen an. Dadurch wird die Immunabwehr verstärkt.
• Es entsteht eine zusätzliche Barriere, wodurch die Ausbreitung der Infektion behindert wird.
• Der Heilungsprozess wird gefördert.

Eine weitere Besonderheit kommt hinzu. Die Durchblutung des Gewebes wird verstärkt und gleichzeitig verlangsamt sich die Blutgeschwindigkeit. Dadurch kommen mehr Abwehrzellen in dem Gebiet an und sie haben mehr Zeit, ins Gewebe einzuwandern. Die Gefäßwand wird außerdem durchlässiger. Dadurch entsteht eine Schwellung des Gewebes, es kommt auch zu Schmerzen.

Weitere Mechanismen sind typisch für die angeborene Immunabwehr: Akute-Phase-Proteine, Komplementsystem, Chemokine, Zelladhäsionsmoleküle und viele weitere gehören dazu – das aber führt in diesem Rahmen zu weit. Wenden wir uns lieber dem erworbenen Immunsystem zu.

Erworbenes Immunsystem

Die oben beschriebenen Mechanismen der angeborenen Immunität werden bei der Abwehr von Erregern zuerst eingesetzt. Durch sie wird die Aktivität des Immunsystems erhöht. Viele Erreger haben inzwischen jedoch die Fähigkeit erlangt, die Mechanismen der angeborenen Immunabwehr zu überwinden, und sich so weiter ausbreiten zu können. Ein Überleben ist jetzt nur noch möglich, wenn der Organismus weitere Fähigkeiten besitzt. Jetzt kommt das erworbene (adaptative) Immunsystem zum Einsatz.

Das erworbene Immunsystem erhöht massiv die Effektivität des angeborenen Immunsystems. Entscheidend ist dabei das immunologische Gedächtnis, denn dieses fehlt dem angeborenen Immunsystem. Dieses Gedächtnis erzeugt rasch eine effektive Immunantwort. Die B- und T-Lymphozyten orten den Erreger vor Ort, vermehren sich und differenzieren sich weiter. Jeder Lymphozyt ist spezifisch für einen bestimmten Erreger. Da jeder Mensch Milliarden von Lymphozyten besitzt, verfügt er über ein großes Spektrum spezialisierter Lymphozyten.

B-Lymphozyten und auch T-Lymphozyten haben einen speziellen Rezeptor zur Erkennung des Erregers. Bei B-Lymphozyten sind die später gebildeten Antikörper identisch mit dem Rezeptor. Ein Antikörper erkennt meist nur eine kleine Region auf der Oberfläche eines großen Moleküls.

Antikörper werden auch als Immunglobuline bezeichnet. Fünf verschiedene Klassen werden unterschieden: IgM, IgD, IgG, IgE und IgA. Bei IgG unterscheidet man IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4, bei IgA gibt es IgA1 und IgA2. Alle B-Lymphozyten produzieren zunächst Immunglobulin M. Nach Kontakt mit dem Erreger findet im Verlauf der Immunantwort ein Wechsel der Antikörperklasse statt. Dabei entstehen IgG, IgA oder IgE.

Wie sieht der Ablauf der erworbenen Immunabwehr aus?

Das Auslösen einer Immunantwort erfolgt nicht an der Stelle, wo der Erreger eine Infektion ausgelöst hat. Sie erfolgt im peripheren Lymphgewebe. Je nachdem, wo sich der Erreger befindet, wird er in die entsprechenden naheliegenden lymphatischen Organe transportiert. Der Transport von Erregern ins lymphatische Gewebe erfolgt durch das angeborene Immunsystem. Es besteht also eine Art von Arbeitsteilung. Das Funktionieren des angeborenen Immunsystems ist Voraussetzung dafür, dass das erworbene Immunsystem überhaupt aktiv werden kann.

Eine große Bedeutung spielt die Entzündungsreaktion. Entscheidend sind antigenpräsentierende Zellen des angeborenen Immunsystems. Dazu gehören Makrophagen und ganz besonders die dendritischen Zellen. Sie beginnen Bakterien, Viren oder Pilze zu fressen und aktivieren dabei Zytokine. Im Gegensatz zu den Makrophagen können dendritische Zellen auch lösliche Produkte aufnehmen. Mit diesem Material wandern sie zu den benachbarten Lymphknoten, setzen den Erreger frei und präsentieren ihn. Sie verteilen sich im gesamten Lymphknoten. Besonders sind sie aber dort anzutreffen, wo die Lymphe ein- und ausströmt – sie überwachen den Lymphstrom. Jetzt kommen T-Lymphozyten hinzu. Sie kommen aus der Blutbahn in den Lymphknoten. Sie treffen auf die dendritischen Zellen, docken dort an und suchen die Oberfläche nach Antigenen ab. Finden sie nur körpereigenes Material, dann verlassen sie den Lymphknoten wieder über den Blutkreislauf und gehen zum nächsten. Hat die T-Zelle aber ein spezifisches Antigen entdeckt, verstärkt sich die Verbindung zur dendritischen Zelle und eine weitere Aktivierung kommt in Gang. Dies ist der übliche Weg.

Aber es gibt auch Abweichungen. Etwa bei Superantigenen. Das sind besondere Antigene, die von T-Zellen direkt ohne den Umweg über die dendritischen Zellen erkannt werden. Staphylokokken-Gifte bei Nahrungsmittelvergiftungen sind ein Beispiel dafür.

Ist die Aktivierung über dendritische Zellen in Gang gekommen, dann bilden die T-Zellen Tochterzellen. Daraus werden T-Zellen, die gegen Erreger eingesetzt werden können. Es entstehen TH-Zellen und zytotoxische Zellen. Es gibt zwei verschiedene Arten von TH-Zellen: TH1-Zellen (zellulärgesteuert) und TH2-Zellen (antikörpergesteuert). Welche Zellen entstehen, ist davon abhängig, welche Zytokine anwesend sind. Ist es Interferon-Gamma, dann entwickeln sich TH1-Zellen, ist es Interleukin 4 oder Interleukin 10, entwickeln sich TH2-Zellen. Auf diese Weise entsteht eine TH1- oder TH2-Dominaz. Darüber wird später noch ausführlicher berichtet.

TH1 und TH2 haben unterschiedliche Wirkungen. Werden vorwiegend TH1-Zellen gebildet, dann kommt es zu einer verstärkten zellvermittelten Immunantwort, wodurch Makrophagen aktiviert werden. Die Produktion von TH2-Zellen dagegen ruft eine antikörpervermittelte Immunantwort hervor, indem TH2-Zellen B-Zellen stimulieren und so eine Antikörperantwort auslösen.

TH1-Zellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von intra-und extrazellulären Erregern, die nicht abgetötet wurden, nachdem sie von Makrophagen aufgenommen wurden, wie zum Beispiel bei Tuberkulose oder Lepra. Gleichzeitig werden charakteristische Zytokine gebildet.

TH2-Zellen sind auf die B-Zellaktivierung spezialisiert. Sie produzieren eine Vielzahl von Zytokinen. Aus B-Zellen werden schließlich Plasmazellen, die ausschließlich Antikörper produzieren.